Formel EHC – ein Interview mit Heiko Tichanow

Servicewelt statt Verkaufsraum: Wie das Erwin Hymer Center Bad Waldsee neue Maßstäbe setzt.
Das Erwin Hymer Center in Bad Waldsee befindet sich mitten in einem grundlegenden Wandel. Geschäftsführer Heiko Tichanow erklärt im Gespräch mit Heilix Blechle, warum es nicht mehr reicht, einfach nur Fahrzeuge zu verkaufen. Stattdessen entsteht eine moderne Servicewelt rund um das mobile Reisen – mit einer modernen Werkstatt, einer Servicearena, Camper Cafe´, Dialogannahme, einen optimiertem Shop sowie einem neu gestalteten Außengelände. Nachhaltige Konzepte, digitalisierte Abläufe und ein deutlich emotionaleres Kundenerlebnis runden das Gesamtkonzept ab. Der Umbau ist dabei mehr als Kosmetik: Er ist Teil einer strategischen Neuausrichtung, die das Erwin Hymer Center zukunftsfähig aufstellt und den Besuch zum besonderen Erlebnis macht.
Herr Tichanow, das Erwin Hymer Center in Bad Waldsee wird derzeit umfassend umgebaut. Was waren die zentralen Beweggründe dafür?
Um das richtig einzuordnen, muss man ein bisschen ausholen. Seit ich vor gut zwei Jahren hier angefangen habe, hat sich die Branche stark verändert – nicht zuletzt durch die Corona-Zeit. In dieser Phase wurden extrem viele Fahrzeuge verkauft, die Zahl zugelassener Wohnmobile ist deutschlandweit von rund 500.000 im Jahr 2018 auf 1.000.000 im Frühjahr 2025 gestiegen. Das ist ein massiver Sprung und das bringt neue Herausforderungen mit sich. Besonders in den Bereichen Service und After Sales.

„Die Kunden wollen und dürfen nach dem Kauf nicht allein gelassen werden. Der Kauf ist nicht das Ende, sondern der Beginn einer gemeinsamen Reise.“

Inwiefern?

Die Kunden wollen und dürfen ,,nach dem Kauf nicht allein gelassen werden. Der Kauf ist nicht das Ende, sondern der Beginn einer gemeinsamen Reise. Das Erwin Hymer Center sieht sich hier in einer besonderen Verantwortung. Egal ob Kauf, Vermietung, Zubehör oder eine Reparatur – wir wollen für unsere Kunden da sein. Doch durch lange Vorlaufzeiten in der Werkstatt, schwer erreichbare Ansprechpartner in der Hochsaison und den Verlust eines Teils unserer alten Werkstattfläche – bedingt durch ein neues Wohngebiet, nutzen wir so die Chance für eine Neuausrichtung.

Wie sieht die Zukunftsformel des Erwin Hymer Center aus?

Wir haben uns mit unserem Führungsteam und Mitarbeitenden aus allen Abteilungen zusammengesetzt und überlegt: Was erwarten und brauchen unsere Kunden? Daraus entstand das Gesamtkonzept mit dem Titel „EHC goes Forward“. Unser Ziel: eine Camperservicewelt schaffen, die Maßstäbe neu definiert. Das umfasst auch mehrere Bauprojekte, von denen vier besonders herausstechen – darunter unsere neue Servicearena im Haupgebäude und eine komplett neue Werkstatt.

Was können sich Ihre Kunden konkret unter dieser neuen Servicewelt vorstellen?

In der Servicearena setzen unter anderem wir auf professionelle Dialog- Annahme – also persönliche Übergabe des Fahrzeugs, offen und transparent für alle Besucher, durch eine Glasscheibe und mit direktem Austausch am Tresen. Dazu kommt eine klare Fokussierung auf Nachrüstungen, Zubehör, original Ersatzteile, persönliche Wünsche, Individualisierung – dafür haben wir sogar einen eigenes Label entwickelt: „4me – meine Reise.mein Stil“. Damit wollen wir sagen: Mach dein Fahrzeug zu deinem – dein Stil, deine Reise, dein Zuhause auf Rädern.

„4me - meine Reise.mein Stil.“
Damit wollen wir sagen: Mach dein Fahrzeug zu deinem – dein Stil, deine Reise, dein Zuhause auf Rädern.“

Stichwort Werkstatt – was verändert sich dort?

Unsere neue Werkstatt erhält zehn zusätzliche Plätze und hat damit dann stolze 35 Werkstattplätze. Wir teilen sie in drei Bereiche: eine klassische Instandhaltungswerkstatt für den Aufbau, ein Unfallkompetenzzentrum und eine komplett neue KFZ-Werkstatt für Fahrzeugtechnik wie Ölwechsel, Reifenservice oder Inspektionen. Zusätzlich entsteht eine Aufbereitungshalle für die perfekte Fahrzeugpflege.

Was ist mit dem Außengelände?
Zwischen Hauptgebäude und der neuen Werkstatt entsteht ein optimiertes Außengelände mit modernen und barrierefreien Parkmöglichkeiten, Infrastruktur und Präsentationsflächen für Fahrzeuge. Wir denken vom Kunden her: leichtes Ankommen und intuitive Wegeführung. Außerdem ermöglichen wir auf dem neuen Verkaufsplatz ein „Always Open“-Prinzip – indem der Platz auch abends beleuchtet wird und wir den Innenraum der Fahrzeuge digital erlebbar machen.
Das klingt nach einem umfassenden Wandel. Gibt es ein übergeordnetes Ziel?

Ganz klar: Wir wollen die Benchmark sein – für Kunden, aber auch als Vorbild innerhalb der Erwin Hymer Group. Caravaning ist nicht nur Fahrzeugverkauf. Unsere zwei starken Säulen heißen Fahrzeugverkauf und After-Sales-Service. Die Vermietung bleibt ein wichtiges Bindeglied. Aber die Zukunft liegt in einem gesunden, breit aufgestellten Unternehmen, das Kundenerlebnis großschreibt – vom ersten Kontakt bis weit über den Kauf hinaus. Wir wollen unsere Kunden langfristig an uns binden.

Herr Tichanow, Sie haben eben das Außengelände beschrieben – was gehört alles zum geplanten Infrastrukturangebot?

Sehr viel. Neben dem klassischen Werkstatt- und Beratungsbereich bauen wir ein vollständiges Service-Ökosystem für unsere Kunden auf. Das fängt bei den Basics an: Es wird selbstverständlich eine Entsorgungsstation geben – das gehört für uns einfach dazu. Ebenso Frischwasser, ausreichend Parkplätze und einen gut sortierten Shop. Für die Wohnmobilisten heißt das: Alles, was man braucht, ist direkt vor Ort.

Auch Elektromobilität ist ein Thema?

Absolut. Für Kunden, die mit dem E-Fahrzeug anreisen – zum Beispiel für einen Beratungstermin oder Fahrzeugkauf – installieren wir E-Ladesäulen. Und natürlich gibt es auch für Camper den gewohnten 230-Volt- Landstromanschluss. Es ist uns wichtig, in jeder Hinsicht modern und zukunftsfähig aufgestellt zu sein.

„Es ist uns wichtig, in jeder Hinsicht modern und zukunftsfähig aufgestellt zu sein.“

Wie sieht die neue Servicewelt aus?

Wir gestalten eine offene, einladende Camperservicewelt. Wenn der Kunde durch unser Eingangsrondell kommt, hat er sofort Orientierung. Auf der linken Seite öffnet sich unsere Servicearena, direkt daneben befindet sich ein freundlicher Empfangstresen, an dem immer jemand ansprechbar ist – selbst wenn der persönliche Berater gerade nicht verfügbar ist. Wir setzen auf ein Thekenkonzept auf Augenhöhe Auch das gesamte Raumkonzept folgt dieser Idee – offen, transparent, ohne Schwellenangst.

Heißt das, auch die Büros verschwinden?

Ganz so radikal nicht – aber wir ziehen uns nicht zurück. Unsere Mitarbeitenden sind sichtbar und präsent. Die Verkaufsbüros beispielsweise, die wir bereits letztes Jahr neu gestaltet haben, geben das neue Design vor. Modern, klar, freundlich – nichts Überraschendes, aber mit hohem Wiedererkennungswert.

Und wie funktioniert dann die Serviceannahme?

Früher hatten wir drei Tore für die Fahrzeugauslieferung – diese verwenden wir künftig für die Serviceannahme. Der Serviceberater fährt das Kundenfahrzeug direkt hinein und gemeinsam mit dem Kunden wird das Fahrzeug inspiziert – unter Ausschluss der Öffentlichkeit, aber sichtbar durch eine vier Meter hohe Glasscheibe. So signalisieren wir Offenheit und Transparenz: Wir haben nichts zu verstecken und sind stolz auf unseren Service.

Das klingt beeindruckend. Gibt es weitere neue Räumlichkeiten?
Ja, der neue Schulungsraum ist ein echtes Highlight in den man sogar ein Fahrzeug hineinfahren kann. Damit können wir Schulungen praxisnah gestalten – für unsere eigenen Mitarbeitenden, aber auch für externe Partner und Händler, die sich bei uns einmieten können. Das ist Teil unserer Benchmark-Strategie: Bei uns erlebt man live, wie moderner Handel und Service funktionieren.
Wird auch auf diskretere Beratungssituationen Rücksicht genommen?

Natürlich. Die Unfallberatung, bei der oft längere und sensible Gespräche nötig sind, findet in diskreten Einzelbüros statt. Nehmen Sie den Fall: Eine beschädigte Seitenwand nach einem Unfall. Da besprechen wir alles – vom Gutachten über die Versicherungsabwicklung bis hin zur Reparatur. Unser Unfall-Kompetenzzentrum übernimmt die gesamte Organisation: Gib uns deinen Schlüssel – wir kümmern uns um alles.

„Gib uns deinen Schlüssel – wir kümmern uns um alles.“

Also, das war der Service-Bereich – und was sich im Shop tun wird, ist auch spannend. Da wird sich doch Einiges verändern.

Genau. Der Shop wird deutlich geöffnet. Wir integrieren ihn in die Servicearena und machen ihn barrierefrei. Das Ganze passiert im Bereich der Achse, entlang der wir die Kunden führen. Es soll klar sein: Hier ist der Shop, hier ist der Service, hier die Vermietung und dort die Auslieferung. Alles wird beschriftet, klar sichtbar auf den ersten Blick.

Also eine Art visuelles Leitsystem?

Richtig. Und nicht nur das – auch funktional. Der 4me“-Bereich etwa wird zur echten Erlebniszone. Da kombinieren wir im direkten Zusammenspiel mit den Bereichen Ersatzteile und Shop – Nachrüstungen, Individualisierungen, Originalzubehör, Campingartikel – alles an einem Ort. Der Kunde kommt rein und wird direkt „durchgeleitet“, entsprechend seinen Bedürfnissen. Ohne Umwege. Das ist das Ziel.

Stichwort Verkaufsbüros – da habt ihr ja vor einiger Zeit High-End-Büros eingerichtet. Wie ist das Feedback?

Überragend. Wir haben festgestellt, dass es verschiedene Kundentypen gibt. Manche wollen den direkten Dialog, Face to Face mit dem Verkäufer. Andere lehnen sich zurück wie im Kino und lassen sich per Monitor durch die Konfiguration führen. Diese Vielfalt abzubilden war uns wichtig. So individuell wie unsere Kunden und unsere Modellvielfalt, so individuell ist eben auch die Beratung 

Und der Empfangsbereich? Auch der wird ja neu gedacht.

Genau, wir schaffen einen Kundenempfang, den es bisher so nicht gab. Der neue Empfang ist in den neuen Servicebereich, gleich links vom Eingang intergriert. In die alte Serviceannahme zieht die Vermietung ein. Dort ist die Vermietung gut aufgehoben, weil die Mietfahrzeuge in direkter Nähe stehen. Wir schaffen also kurze Wege – auch das war ein Grund für den kleinen Neubau im Bereich „Ready to Rent“.

Was heißt „Ready to Rent“ genau?

Das ist unsere neue Rückgabe- und Aufbereitungsstraße. Wenn ein Fahrzeug zurückkommt, geht es zuerst in die Außenwäsche, dann in die neue Halle. Dort wird es entstückt, gereinigt, wieder bestückt – quasi wie in einer kleinen Fahrzeug-Manufaktur. Mit eigenem Regalsystem, Waschmaschine, Geschirrspüler, Dampfreiniger und technisch perfekt ausgestattet. Alles durchgetaktet. Und wenn es wieder rausgeht, ist es zu 100 Prozent bereit für die nächste Reise.

86 Mietfahrzeuge habt ihr im Einsatz?

Genau. Plus 20 Caravans. Und die Vermietung handeln wir an Beratungsplätzen und einer Check-in und Check-out-Theke – je nachdem, ob der Kunde beraten werden will oder schnell los möchte. Unsere Coaches gehen dann mit dem iPad raus ans Fahrzeug, erklären alles – ganz individuell. Niemand wird hier allein gelassen.

„Niemand wird hier allein gelassen.“

Und die Kunden? Kommen die nur aus der Region?

Der Großteil kommt aus dem Umkreis von etwa 100 Kilometern um Bad Waldsee. Aber wir haben auch Kunden aus Australien – die landen in Memmingen, holen hier ihr Fahrzeug ab und starten den Roadtrip durch Europa.

Und wenn die Fahrzeuge zurückkommen?

Dann beginnt der Prozess wieder von vorn. Wir dokumentieren alles, fotografieren, bewerten den Zustand, klären eventuelle Schäden – offen und transparent. Dann beginnt die Reinigung und Aufbereitung. Alles läuft nach einem klaren, stabilen Prozess – das ist uns ganz wichtig.

Apropos Prozesse – das klingt nach einer durchdachten Strategie.

Das ist unsere Strategie 2026. Wir denken alle Maßnahmen in drei Dimensionen: wirtschaftlich, ökologisch und sozial. Prozesse müssen nicht nur effizient sein, sondern auch nachhaltig und mitarbeiterfreundlich sein. Mit unserem Changemanagement investieren wir in die Zukunft, dazu gehören Bauprojekte und Prozessoptimierungen, sowie auch Mitarbeiterzufriedenheit. Deshalb haben wir im vergangenen Jahr auch ein Workcafé für die Mitarbeitenden eingeweiht.

Und bald kommt noch mehr – ein Besuchercafé, die neue Auslieferung.

Ja. Die Auslieferung wird emotionalisiert und erhält Diskretion. Das ist ein besonderer Moment – vielleicht der Lebenstraum eines Kunden. Deshalb verlegen wir die Auslieferung an einen neuen, repräsentativen Ort. Statt drei gibt es künftig ein Tor – weniger Fläche, ja, aber durchdacht. Wir testen das gerade mit der Eingrenzung des Auslieferungsbereiches mit Bauzäunen, um eine realistisches Gefühl für das Platzangebot zu bekommen und beziehen die Mitarbeitenden aktiv mit ein.

Und das Café?

Das neue Café trägt den Namen „Erwins Camper Lounge“ und bewirtet gleich zwei Zonen – eine für die Öffentlichkeit und eine für unsere Kunden bei der Fahrzeugauslieferung. Und das mit einem echtem Barista, Markus Rauhut, einem Könner seines Fachs. Im Angebot hochwertige Bohnen, Snacks, Croissants und Brezeln. Wasser gibt’s kostenlos. Wir wollen, dass sich jeder hier willkommen fühlt. Schließlich zählt der erste Eindruck!

Auch architektonisch ein klares Konzept?

Ja, mit Lamellenstruktur aus Holz, natürlichem Design. Transparenz, Wiedererkennbarkeit, Wärme – das zieht sich durch das ganze Haus. Wichtig ist: Das Erlebnis muss stimmig sein.

Wer ist bei der Umsetzung involviert?

Die gesamte Konzeptentwicklung erfolgte intern – im engen Schulterschluss unseres Führungsteams, ganz ohne zusätzliche Projektleitung. Für die fachliche Ausarbeitung setzen wir gezielt auf starke Partner: allen voran Joachim Liebel von Bauart Liebel/Kiess, der als unser Architekt federführend an allen Projekten beteiligt ist oder Jochen Klozbücher von Büroform, der für das Innendesign verantwortlich zeichnet. Gemeinsam mit ihnen bringen wir unsere Ideen zum Leben – durch fundierte Planung, kreative Visualisierung und spürbare Leidenschaft.

Wann geht’s in die finale Phase?

Der Auftakt für diesen Veränderungsprozess begann für mich mit meinem Einstieg ins Unternehmen im Frühjahr 2023. Der umfassende Innenumbau des Erwin Hymer Centers zur Servicearena soll bis September 2025 abgeschlossen sein. Bereits vor der Sommerpause 2025 wird die neue „Ready-To-Rent“-Straße fertiggestellt und in Betrieb genommen. Ein besonderes Highlight erwartet uns im Frühjahr 2026: eine feierliche Eröffnung – gemeinsam mit unseren Kundinnen und Kunden, Mitarbeitenden sowie Partnerunternehmen. Bereits im Oktober 2024 setzten wir mit einem großen Mitarbeiterevent samt Workshop ein starkes Zeichen für Teamgeist und gemeinsame Weiterentwicklung.

„Ich bin unglaublich stolz auf mein Team und tief dankbar für das Engagement und die Offenheit, mit der alle diesen Wandel aktiv mitgestalten.“

Klingt nach einem großen Wurf – mit viel Herzblut.

Das ist es, ja. Mit unseren Kunden im Fokus erschaffen und leben wir unsere professionelle Camperservicewelt und definieren damit Maßstäbe neu.

Interview erschienen im Magazin Heilix Blechle 43 – Interview & Fotos: Aurel Dörner / Skizze EHC
Weitere Informationen: DPR – Heilix Blechle – The HÄFT

Das Interview steht Ihnen in unserem in unserem Pressebereich zum Donwload bereit. 

Bleiben Sie dabei! – Verfolgen Sie den Fortschritt hautnah.

Begleiten Sie uns auf dem Weg in die Zukunft – auf unserer Website, über den digitalen Übersichtsplan oder ganz nah dran hier im Bau-Blog.Wir freuen uns auf diesen gemeinsamen Weg – und darauf, Sie schon bald in einer ganz neuen Erlebniswelt begrüßen zu dürfen.

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